Do more of what makes you happy
Ein kleiner Satz auf einer Achtsamkeitskarte brachte mich heute Morgen zum Nachdenken. „Do more of what makes you happy“.
Der Spruch ist eigentlich wirklich schon durchgenudelt. Dreihundertfünfundzwanzigmillionen Treffer bei Google. Die ersten Treffer sind Shoppingportale und Onlineshops. Es gibt den Spruch als Wandtattoo, gerahmtes Bild, Poster, aus Holz gesägt, als Aufkleber oder bedrucktes Shirt zu kaufen bei daWanda, juniqe, Depot, Amazon und unzähligen weiteren Anbietern.
Klar, denke ich mir, happy sein, klingt gut, das will ich auch! Und sofort schießen mir die Dinge durch den Kopf, die ich gerne täte. Diesen Gedanken folgt sofort der nächste, als logische Schlussfolgerung: „Ach, hätte ich nur mehr Zeit, dann könnte ich öfter machen, was mir Spaß macht!“ Und schon fühle ich mich unglücklich. Das will ich nicht sein, darum lass ich die Gedanken an all meine Lieblingsbeschäftigungen fliegen und frage ich mich stattdessen, was dieser Satz eigentlich bedeuten soll.
Geht es wirklich darum, mehr von den Dingen zu tun, die Spaß machen? Oder bin ich mit dieser Interpretation auf dem Holzweg?
Nicht alles, was Spaß macht, macht auch glücklich – zum Beispiel zielloses Surfen im Internet oder stundenlanges Scrollen der Feeds von Facebook und Instagram. Es macht Spaß, mich zu zerstreuen und berieseln zu lassen, sonst täte ich es ja nicht. Aus einem „ich schaue nur mal eben was so in meiner Community los ist“, können aber auch mal Stunden werden, in denen ich die Bilder mit dem Daumen nach oben schiebe, Überschriften überfliege und Herzchen drücke. Irgendwann bin ich dann gar nicht mehr glücklich. Ich hatte doch das Geschenk fertig stricken wollen, das schaffe ich nun nicht mehr. An schlechten Tagen fühle ich mich am Ende furchtbar klein, unbedeutend und unbegabt, umgeben von all den schönen und erfolgreichen Menschen mit ihren kreativen Ideen und tollen Posts.
Nicht alles was glücklich macht, macht auch ausschließlich nur Spaß. Eines der besten Beispiele dafür ist der Start neuer Projekte. Das Anschlagen und die ersten Reihen beim Häkeln und Stricken kann ich wirklich nicht leiden. Es ist eine nervige Tätigkeit, mit unzähligen Tücken und Fallstricken. Mal ist der Anschlagfaden zu kurz und endet bei Masche einhundertsiebenundachtzig, wo ich noch fünf weitere Maschen benötige. Da hilft dann nichts und der gesamte Anschlag muss aufgezogen und die Maschen von neuem angeschlagen werden. Beim Häkeln verdreht sich die Luftmaschenkette wie hulle, es scheint unmöglich, sie zu einem glatten Ring zu schließen. Bei großen Projekten mit hoher Maschenzahl ist der Spaßfaktor noch geringer, weil es so anstrengt, die Maschen zu zählen und man sich so leicht verzählen kann. Ist dies geschafft, kommt die erste Reihe, die Gruselreihe. Ist die Anschlagreihe zu eng, lassen sich die Maschen nicht richtig einstechen. Ist die Anschlagreihe zu locker, wird der untere Rand löchrig. Es dauert einfach, bis endlich der Spaß beginnt.
Ist diese erste Hürde überwunden, kommt eine Phase voller Spaß. Das Strickstück wächst und es sieht großartig aus, optimaler Weise so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die ersten Glücksgefühle stellen sich ein. An diese Stelle sind Spaß, Freude und glücklich sein eins. Die Tätigkeit macht mir Spaß und nach einem langen Strickabend gehe ich glücklich zu Bett.
Es gibt also zwei Arten, Dinge zu tun, die mich glücklich machen. Die einen machen mir nicht so viel Spaß, wie das Aufräumen der Küche, das Laub wegrechen von der Wiese, die Betten frisch beziehen, oder eben die erste Reihe stricken. Aber das Ergebnis dieser Tätigkeiten ist toll. Ich mag die ordentliche Küche, liebe es meinen Blick über den aufgeräumten Garten schweifen zu lassen und kuschle mich gerne in frische Bettwäsche. Bei diesen Dingen ist es das Ergebnis, das mich glücklich macht. Vielleicht muss ich deshalb zukünftig nicht unbedingt mehr davon machen, aber wenn es zu zun ist, geht es mir mit diesen Gedanken viel leichter von der Hand. Und danach nehme ich mir ein bisschen Zeit für die zweite Art von Beschäftigung, setze mich mit Nadeln und Wolle auf die Couch und genieße den Flow.
Pia
>j<