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Glitzer drauf

Was haben verinnerlichte Glaubenssätze mit einem alten Sommerkleid zutun?

Manchmal läuft’s einfach nicht so, wie ich es gerne hätte. Gerade passiert diese Woche. Ich wollte mal wieder in meine (zweit)-liebste deutsche Stadt, nach Berlin. Natürlich zum #fairfashionmove.
Außerdem aber auch zum Fabtalk von Andrea Bury und zum Knitnighttalk mit meiner Lieblingsmonsterin Carina aka häkelmonster.

Fahrkarte war gekauft, die Vorbereitungen zum Move in Arbeit, die Rückreise organisiert. Kurz, es lief. Bis mein Körper mir ein leises Nö zuflüsterte. Alle Versuche meines Kopfes, dieses Flüstern zu ignorieren schmetterte er ab, in dem er immer lauter Nein sagte. Ich flehte, bettelte, weinte, holte gar einen Arzt aus seinem wohlverdienten Wochenende. In der gespenstisch leeren Praxis wurde ich behandelt, ein seltsames Gefühl, ein bisschen so wie nachts im Einkaufszentrum. Es half nichts. Er wollte nicht, der Körper. Am Ende saß der Körper am längeren Hebel und so gab der Kopf Dienstag Mittag auf. Ich fügte mich, sagte alles ab.

Eine ganze Weile lag ich paralysiert auf der Couch. Die Situation war nur schwer verdaulich für mich, neben den körperlichen Beschwerden hatte ich eine Menge unangenehmer Gefühle in mir. Enttäuschung, Verängstigung, Frust. Während ich so dalag waberte mit fortschreitender Zeit immer mehr das Gefühl der Langeweile in diesen Stimmungscocktail.

Bildquelle: Pixabay.com

Auf Langeweile folgte unweigerlich der Gedanke an all die Dinge, die ich schon immer einmal machen oder schon lange erledigen wollte. Eines dieser Dinge ist ein altes mit Perlen und Pailletten besticktes Sommerkleid. Vor sehr vielen Jahren mal für nicht wenig Geld gekauft, trug ich es einige Sommer lang. Die übrige Zeit des Jahres verbrachte es hinter der Tür des Arbeitszimmers hängend. Irgendwann blieb es auch im Sommer dort. Der Grund dafür waren nicht die sich im Laufe der Zeit ablösenden Perlen und Pailletten, sondern leicht eingerissenen Nähte am engen oberen Teil des Kleides. Es war über die Jahre immer enger geworden, so dass sich der zarte Stoff mehr hatte dehnen müssen, als es ihm guttat.

 

 

Letzten Sommer hatte ich noch geglaubt, die körperlichen Veränderungen seien Status Quo, jeder Versuch dies zu ändern, ein Kampf gegen Windmühlen. Ich war es leid, Idealen hinterher zu rennen, von denen ich nicht wusste, woher sie kamen. Deren Nichterreichung mir immer wieder das Gefühl der Unzulänglichkeit gab. Ich ließ die Vorstellung los, welche Kleidergröße ich zu tragen hätte, um schön zu sein. Von da an aß ich, wie ich glaubte, es zu wollen. Meine Kleidergröße pendelte sich bei 38/40 ein, bye bye 36.

Unerwartet kam das Thema Ernährung von anderer Richtung wieder in meine Gedankenwelt zurück. Im Winter nervte mich meine Hausstaub- und Duftstoffe-Allergie mehr als je zuvor.

Bei meinen Recherchen im Netz, fand ich viele Artikel, die als Gegenmaßnahme den Verzicht auf Milcheiweiß empfahlen. Milch weglassen? Unvorstellbar! Wie sollte ich einen Tag beginnen ohne Latte Macchiato? Dieses morgentliche Ritual begleitete mich schon mein ganzes Leben lang, ich habe morgens schon Latte Macchiato getrunken, als dieses Getränk noch Café au lait hieß. Andererseits gibt es viel Parfüm und vermutlich noch mehr Milben auf der Welt, was mich wohl dauerschniefen lassen würde. Ein Versuch war es wert. Ab Januar ersetze ich Kuh- durch Hafermilch. Statt Café au lait nun Café au blé.

Bildquelle: Pixabay.com

Es fühlte sich gut an. Ich begann, weitere meiner Glaubenssätze über Ernährung zu hinterfragen.
Musste ich nach jedem Mittagessen einen Espresso mit viele Zucker und einem Keks zu mir nehmen? Wann und warum hatte ich damit begonnen, Sirup in meine Getränke zu schütten? Gehörte zum gemütlichen Abendessen ein Glas Wein? Musste ich im Restauraunt immer meinen Teller leer essen? Überhaupt, diese Mengen an Lebensmitteln, diese riesigen Portionen immer und überall – benötigte ich diese zur Deckung meines täglichen Kalorienbedarfs?
Nein, nein, nein. Nein, auch die Antwort auf die letzte Frage, ich aß mehr als ich hungrig war.

Mir wurde zunehmend klar, dass ich bei meiner Ernährung vielen Vorstellungen meines Kopfes gefolgt war. Das Gefühl dafür, was mein Körper wirklich brauchte, war auf der Strecke geblieben. Ich begann, in meinen Körper hineinzuhorchen und je mehr ich das tat, desto klarer wurde, was ich zu essen hatte. Ich folgte den Ansagen meines Körpers und er dankte es mir, in dem er aufhörte, mich mit Heißhunger-Attacken zu nerven. Heute fühle ich mich im Einklang mit meinem schlauen Körper und als Nebeneffekt sind ein paar Speckröllchen geschmolzen. Gerade so viele, dass ich wieder in das alte Sommerkleid passe, ohne die Nähte überzustrapazieren. Das Wetter ist perfekt. Noch ein bisschen flicken, dann kann ich das Kleid wieder tragen. Wie schön.

Pia
>j<

 

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