selfmade

Im Wechselbad der Gefühle – das schnelle, perfekte Alpakakleid

 

Manchmal möchte ich einfach nur so vor mich hinstricken. Das funktioniert am besten mit einem Projekt, das nach Anleitung mit dem Originalgarn gearbeitet wird.

Als ich das Alpakakleid in der neuen Rebecca sah, wusste ich gleich, dass es sich dabei um ein solches Projekt handelte. Ich stricke so durchschnittlich, dass in der Regel die Maschenproben immer auf Anhieb passen. So auch dieses Mal. Ohne Umrechnen, ohne Nachdenken und mit Gelinggarantie könnte ich schnell mal das perfekte Kleid zaubern.

 

Das Anstricken verlief nach Plan, bis ich zum ersten Mustersatz kam. In der Anleitung stand: „Achtung! Bei Muster A in der 7. Rd (…) jeweils am Rundenbeginn vor dem Umschlag 1 M re str. (…)“.
Was?
Diese rechte Masche, sollte die zusätzlich gestrickt werden? Woher sollte sie kommen? Sollte der Mustersatz verschoben werden?
Ich verstand es nicht. Die Musterzeichnung hatte in Runde 7 zu Beginn einen Umschlag und keine rechte Masche. Wieso nicht? Ich verstand es nicht. Ich verstand es einfach nicht und legte das Strickzeug beiseite. Eigentlich wollte ich doch schnell mal ein Kleid stricken, und jetzt stockte ich bereits in Reihe sieben, toll. Nach dem ich den ersten Frust weggeatmet hatte, strickte ich die Musterzeichnung ignorierend vor dem Umschlag die rechte Masche und pfriemelte am Ende der Runde diese durch Überzug weg. Sah gut aus, so war es wohl richtig. Jetzt stand dem schnellen, perfekten Kleid nichts mehr im Weg.

Bis sich die Knäule während des Strickens auflösten, die Fäden sich verhedderten und veknuddelten und ein Berg Wollkotze mich zum nächsten Zwischenstop zwang. Dank Carina wurde ich nicht zum HB-Männchen und trank ein Glas Wein, derweil sie mit Engelsgeduld und Wollwickler das Chaos beseitigte. Jetzt stand dem schnellen, perfekten Kleid nichts mehr im Weg.

Bis ich eine Masche fallen ließ. Im Lacemuster. Dieser Fehler bedeutet das Ende jedes perfekten Musters, denn das Strickstück ist unrettbar dahin. Vor dem schnellen Kleid stand nun das schnelle Aufribbeln. Ich beendete den Tag mit null Fortschritt.

Am Folgetag hatte Kathi die schlaue Idee, das Kleid mit den Ärmeln zu beginnen. Diese Idee überzeugte mich direkt. Man gewöhnt sich dabei an Wolle und Muster und bei einem Fehler mit eventuell nötigen Neustart muss mann nicht ganz so viel aufribbeln. Gesagt getan. Ich folgte blind der guten Anleitung, nach der mit einer Rückreihe rechts zu starten war, um dann glatt rechts weiter zu arbeiten. Ja, das sah gut aus, dem schnellen perfekten Kleid stand nichts mehr im Weg.

Bis ich nach zehn Reihen sah, dass sich der Ärmel rollte wie Harry. Natürlich tat er das. NATÜRLICH. Stricken für Anfänger, Kurs eins: glatt rechts rollt sich. Wieso hatte ich daran nicht gedacht? Kurz hatte ich die Hoffnung, ich könne das Gerolle wegspannen. Nach 20 Reihen siegten Vernunft und Perfektionismus, das ließ sich niemals im Leben glatt spannen. Da ich gerollte Bündchen nicht leiden kann, musste ich erneut die Nadeln ziehen und aufribbeln. Ich startete neu mit einer 1:1-Rippe, folgte dann weiter der Anleitung glatt rechts zum Laceeinsatz. In der letzten Musterreihe verzählte ich mich, aber das sah man kaum. Ich war endlich im Flow und strickte glücklich weiter. Dem schnellen perfekten Kleid stand nun wirklich gar nichts mehr im Weg.

Fast. Da war der Fehler im Mustersatz und durch die 1:1-Rippe zog sich das Bündchen stark zusammen. Wirkte ein bisschen puffärmelig, was weder meinen persönlichen Geschmack noch dem Stil des Kleides entsprach. Aber ich wollte schnell ein Kleid stricken.

Ich strickte weiter, richtig gut sah das wirklich nicht aus. Und wenn ich schon Rollbündchen nicht anzog, würde ich erst recht keine puffeligen Ärmel mögen. Mit jeder Reihe, die ich strickte, sagte mir meine innere Stimme ein bisschen lauter, dass das nicht gut war, was ich da gerade veranstalte. Fast ist nicht ganz, ist nicht perfekt! Am Ende war klar:

Mittlerweile liegen zwischen dem ersten Annadeln und heute vier Wochen. Ich habe einen Ärmel fertig, beim zweiten bin ich bereits an den Schulterabnahmen. Die Bündchen habe ich kraus rechts gestrickt, das passt toll zur Wolle und zum neuen Stil des Kleides. Der Anleitung werde ich nicht mehr folgen, das Kleid wird kürzer und mit einem Zopf- statt einem Lacemuster. Dafür werde ich ein bisschen rechnen und überlegen müssen. Am Ende wird es wohl ein Weilchen gedauert haben, bis das perfekte Kleid fertiggestellt ist.

Pia >j<

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.