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Nippon Connection – Japanisches Filmfestival Frankfurt am Main

Einmal im Jahr findet in Frankfurt die Nippon Connection statt, das größte japanische Filmfestival außerhalb Japans. Auf der Nippon Connection werden über hundert japanische Filme gezeigt, die meisten im Original mit englischen Untertiteln. Sechs Tage rund um Fronleichnam werden der Frankfurter Mousonturm und die Naxoshalle zu Orten der Begegnung mit Japan. Neben den Filmvorführungen gibt es bestes japanisches Catering, Ausstellungen, Konzerte und Lesungen. Man kann das Untertiteln von Filmen lernen, japanische Radiogymnastik machen, Blumen nach japanischer Art, genannt Ikebana, binden und Origami falten, um nur einiges aus dem umfangreichen Angebot zu nennen. Viele der Filmemacher und Schauspieler sind Vorort.


Die Veranstaltung ist eine feste Größe in unserem Terminkalender. Sobald das Programm veröffentlicht ist, wühlen der Japaner und ich uns durch die Beschreibungen, sehen die Trailer, koordinieren die Termine und kaufen sofort die Karten. Die guten Filme zur Primetime sind nämlich immer schnell ausgebucht.

 

Dieses Jahr haben wir zusammen vier Filme gesehen. Ich habe mit Freundinnen noch einen fünften geschaut. Alle waren sehr unterschiedlich und bis auf einen haben sie mir in ihrer Unterschiedlichkeit gut gefallen.

 

MORI, THE ARTIST’S HABITAT von Shuichi Okita

Bildquelle: Nippon Connection

erzählt von einem Tag im Leben des 94-jährigen Künstlers Morikazu Kumagai. Er lebte 1880 – 1977. Die letzten 30 Jahre seines Lebens verbrachte er in seinem Haus mit wildem Garten in Tokyo, das er während dieser Zeit fast nie verließ. Er liebte alles Lebendige und verbrachte seine Zeit damit in seinem Garten Fauna und Flora zu beobachten. Der Film ist langsam und liebevoll erzählt, mit grandiosen Tierbildern. Die Dialoge und Interaktionen sind witzig, hier und da ist -typisch japanisch- ein bisschen Slapstik eingestreut. Es wird wenig und in einfachen Sätzen gesprochen, ich konnte vielen Dialogen direkt folgen. Ein Film wie eine einzige Meditation – wunderschön.

 

Tremble All You Want von Akiko Ooku

Bildquelle: Nippon Connection

Eine romantische Komödie, die ich mit meinen Freundinnen gesehen habe.  Vor Beginn des Films kam der Moderator auf die Bühne und kündigte nicht etwa den Film an, sondern sagte, es sei ein Handy gefunden worden. Mein Freundin neben mir lacht und ruft, „ja, hier!“ Ich war beeindruckt, die ganze Zeit vermisste sie es schon und blieb dabei völlig entspannt, weil sie fest an den ehrlichen Finder und die Rückgabe des Handys glaubte. Großartig, so viel Entspanntheit.

Die 24-jährige Büroangestellte Yoshika ist da weniger entspannt. Sie arbeitet in einer großen Firma und lebt in einem kleinen Appartement in Tokyo. Seit ihrem 14. Lebensjahr ist sie heimlich verliebt in einen ehemaligen Mitschüler, Ichi. Um endlich sein Herz zu gewinnen, organisiert sie ein Klassentreffen. Da bittet sie unerwartet ein Kollege um ein Date. Geschmeichelt von der Frage sagt sie zu. Es folgt eine turbulente Geschichte mit skurrilen Persönlichkeiten und absurden Verwicklungen. Der Film ist ein bisschen melancholisch, sehr lustig und hat natürlich ein romantisches Happy End.

 

Occult Bolshevism von Hiroshi Takahashi

Bildquelle: Nippon Connection
Ich liebe es, mich zu gruseln. Richtig gute Gruselfilme können mich lange verfolgen und wildes Herzklopfen im Keller hervorrufen. Schaurig-schöne Horrorfilme, die ich wohl niemals vergessen werde sind „Die Schrecken der Medusa“ mit Richard Burton von 1978. Meine Schwester und ich alleine vorm Fernseher, sie langweilt sich und will schlafen gehen, ich möchte den Film gerne zu ende sehen, traue mich das aber alleine nicht. Gruselig, wie ich sie auf Knien anflehte nicht zu gehen.
Unvergessen „A Nightmare on Elm Street“ mit dem verbrannten Kindermörder Freddy Krueger, der seinen Opfern im Schlaf erscheint. Ich konnte eine Ewigkeit nicht entspannt baden. Und dann natürlich „The Ring“ in der japanischen Originalverfilmung von 1998 und im Remake von 2002. Beide megagruselig und mit absolutem Kultstatus. Klingelnde Telefone können zu Ausgeburten des Schreckens werden… Diese Filme bilden meine Messlatte bei der Beurteilung von Horrorfilmen.
Leider war „Occult Bolchevism“ gar nicht gruselig. Die Effekte waren erhascht und Achtung Spoiler, am Ende alle tot. Seltsam, wirr, unzusammenhängend, blieb der Film immer auf Distanz und konnte mich nicht fesseln.

Recall von Katsuhide MOTOKI

Bildquelle: Nippon Connection

Unser diesjähriger Überraschungsfilm. Die Story klingt nach einem soliden Thriller. Eine Frau ist gemeinsam mit ihrem Sohn auf dem Nachhauseweg. Sie laufen an einer befahrenen Straße, als sich plötzlich der Reifen eines vorbeifahrenden LKWs löst und die Frau tödlich trifft. Als Unfallursache wird zuerst fahrlässige Wartung angenommen. Das kleine Transportunternehmen aus dessen Fuhrpark der Laster stammt, steht vor dem Ruin. Doch dann erfährt der Besitzer, dass sich in den letzten Jahren ähnliche Unfälle ereignet haben. Immer mit den LKWs des gleichen Herstellers. Er kommt einem Vertuschungsskandal auf die Spur.
Der Film ist mit hoher Intensität gespielt. Emotional involvierend hat er, glaube ich, niemanden im Raum kalt gelassen. Ich war von Anfang an gefesselt und bis zum Schluss nicht sicher, ob es ein Happy End geben würde. Toll.

 

Destiny – The Tale of Kamakura von Takashi Yamazaki

Bildquelle: Nippon Connection

Ein Fantayfilm bildete den Abschluss unseres diesjährigen Nippon Connection Besuchs. Kulisse der weltlichen Szenen bildet Kamakura. Von 1185 bis 1333 war der Ort Regierungssitz Japans. Aus jener Epoche gibt es zahlreich, gut erhaltenen Tempel und Schreine. Wir waren dort auf unserer ersten Japanreise und werden sich noch einmal hinfahren. Kamakura ist wunderschön.
Eine traumhaft-schöne Kulisse, zauberhafte Fabelwesen, liebevolle Menschen, fiese Bösewichte, wilde Kämpfe und viel Humor. Der Film ist kurweiliges Entertainment für die ganze Familie.

Das war unsere Nippon Connection. Zum Glück ist nach dem Festival vor dem Festival.

Pia
>j<

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